Werbung ist schon lange mehr als nur reine Reklame, die uns das Geld aus der Tasche zieht. Nein, wenn wir uns die Werbespots der vergangenen 20 Jahre ansehen, dann sehen wir, dass sie den aktuellen Zeitgeist widerspiegelt und damit auch die Gedanken, Gefühle und Meinungen der Gesellschaft. Was früher top modern war, wäre heute ein absolutes No-Go. Ein gutes Beispiel dafür ist die gehypte Schöfferhofer-Werbung aus dem Jahr 1997. Ein Mann liest einen Brief. Mit einem verführerischen französischen Akzent listet eine Frauenstimme ein paar Dinge auf, die sie an letzte Nacht erinnern. Darunter ein Hemd mit seinem Parfum, ein silbernes Auto und “...eine Flasche von die Bier....die soooo schön ‘at geprickelt… in meine Bauchnabel...”. Was früher jeder Grundschüler munter nachgeplappert hat, hätte heute definitiv kritische Fragen ausgelöst. Warum wird die Frau nur als sexuelles Objekt genannt? Warum werden Franzosen mit Sex gleichgesetzt? Und was um himmelswillen haben sie in einer wilden Nacht mit einem silbernen Auto getan? Wie Du siehst wäre das, was damals eine gelobte Werbung war, heute wahrscheinlich in den sozialen Medien zerfetzt worden.
Was hat sich verändert? Um es kurz zu sagen: Einfach alles. Die Welt ist nicht mehr nur eine kleine Vorstadt, in der wir leben – sondern dank der Globalisierung und der Digitalisierung können wir virtuell jederzeit überall sein. Wir können deshalb auch auf die Stellen unseres Planeten sehen, die sonst eher im Schatten liegen. Ausbeutung, Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung fördern ein Streben nach Nachhaltigkeit. Und dank Social Media sind Missstände schnell im Netz, finden Anhänger und wachsen zu einer Bürgerbewegung. So können sich z.B. Minderheiten Gehör verschaffen und die Medien für diskriminierendes Verhalten sensibilisieren. Das bedeutet: Anspielungen, die früher als charmant und lustig galten, können heute als rassistisch, sexistisch, homophob oder allgemein diskriminierend gelten und werden nicht toleriert oder sogar abgelehnt.
Das gilt auch für die Werbung. Unsere Konsumenten sind anspruchsvoll geworden – und das ist auch gut so. Es reicht nicht mehr eine Geschichte zu erzählen, bei der eine Bierflasche als Sexspielzeug herhalten muss. Nein, unsere Käufer möchten Produkte nicht nur konsumieren sondern erleben. Das Stichwort ist Image: Ein Produkt muss in der Lage sein, die Welt (zumindest ein ganz kleines bisschen) verändern zu können. Denn wir investieren nicht mehr nur Geld in Konsum, sondern wollen dabei auch ein gutes Gewissen haben und ein Standing nach Außen vertreten.
Das heißt im Klartext, wenn wir an das Beispiel von Schöfferhofer denken, hätte die Werbung heutzutage komplexer sein müssen. Eine nachhaltiges Beispiel wäre eine Biersorte aus nachhaltig angebauten Hopfen oder z.B. Schöfferhofer-Altglascontainer mit denen man pro eingeworfener Flasche einen Rabatt auf die nächste Bierkiste erhält. Eine weitere Idee wäre ein soziales Experiment auf Social Media, bei dem man unter #prickelnimbauch ein “Speeddating” zwischen gegensätzlichen Menschen macht wie z.B. einem Punk und einem Rechtsanwalt, indem man sie gemeinsam an einem Tisch eine Flasche Bier trinken lässt. Es ist Storytelling, das Marken eine Identität gibt und innerhalb dieses neuen Wertesystems angenommen wird.